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Der Friede ist das Meisterstück der Vernunft.“
(Immanuel Kant, deutscher Philosoph, 1724 – 1804)
Die Kranzniederlegung zur Ehrung der Opfer beider Weltkriege
ist eine Geste des Gedenkens und Respekts. Sie findet an den beiden Kriegerdenkmälern und an der Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus statt.
Wir sind heute zusammengekommen, um der vielen Soldaten zu gedenken, die in den beiden Weltkriegen ihr Leben verloren haben – und ebenso jener Mitbürger, die aus ethnischen oder religiösen Gründen verfolgt, aus unserer Mitte gerissen und getötet wurden.
Es ist ein Moment des Innehaltens und Erinnerns – ein stiller Augenblick, in dem wir der unzähligen Opfer gedenken, die diese Kriege gefordert haben, und der Spuren, die sie in unseren Familien, unserer Gemeinschaft und in unseren Herzen hinterlassen haben.
Es ist vor allem auch ein Tag der Erinnerung - an das, was Menschen erleiden mussten.
Und es ist zugleich ein Tag des Nachdenkens über den Gang unserer Geschichte.
Auch wenn sich die Welt seitdem verändert hat, sind viele der Wunden noch nicht verheilt. Deshalb ist es heute nicht nur unsere Aufgabe, zurückzublicken, sondern auch aus der Geschichte zu lernen – für unsere Gegenwart und unsere Zukunft. Das Erinnern an diese dunklen Zeiten mahnt uns eindringlich daran, wie verheerend Konflikte sein können – und dass Frieden niemals selbstverständlich ist.
Wir können in Europa stolz sein, dass die Länder und Völker unseres Kontinents ein Friedensprojekt geschaffen haben, dass uns nach unzähligen Kriegen und Zerstörung eine lange Zeit des Friedens gesichert hat: die Europäische Union.
Letzte Woche war der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf Staatsbesuch in Österreich, gemeinsam mit unserem Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen gaben sie eine Erklärung zur Europäischen Union ab, auf die ich in dieser Rede gerne eingehen möchte:
Nach Jahrhunderten kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen den Völkern Europas, nach zwei verheerenden Weltkriegen, millionenfachem Tod und beispielloser Zerstörung herrscht zwischen den Staaten, die sich am europäischen Projekt beteiligt haben, seit sieben Jahrzehnten durchgehend Frieden und Stabilität.
Die Einigung der europäischen Völker brachte Wachstum und Wohlstand für uns alle, Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für rund 450 Millionen Menschen. Diese Idee, dieser Traum vom geeinten Europa ist einzigartig in der Menschheitsgeschichte. Eine Gemeinschaft, die aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat und daraus etwas Neues entstehen ließ.
Wir Europäerinnen und Europäer haben uns an dieses Wunder gewöhnt. Möglicherweise zu sehr. Viele halten dieses Wunder für selbstverständlich, für gegeben, für unumkehrbar. So ist es nicht:
mit dem russischen Überfall auf die Ukraine ist der Angriffskrieg auf den europäischen Kontinent zurückgekehrt. Ein Angriff, der auch der europäischen Friedensordnung gilt. Zeitgleich erleben wir mit dem neuen Präsidenten der USA auch, dass die Tragfähigkeit der transatlantischen Sicherheitsarchitektur, der Zusammenarbeit zwischen unseren Kontinenten brüchig geworden ist.
Das hat Konsequenzen: Wir Europäer können uns nicht mehr auf andere verlassen und müssen selbst für unseren Schutz sorgen.
In Zeiten von knappen Budgets wird dieser Kraftakt nicht so leicht zu stemmen sein, aber wir müssen ihn schaffen. Wir müssen unsere Sicherheit vor alles andere stellen. Beschweren wir uns nicht, wenn einiges nicht mehr finanziert werden kann, das ohnehin verzichtbar oder ein Luxus ist. Uns geht es so gut wie noch nie in der europäischen Geschichte. Besinnen wir uns darauf, dass es nicht unendliches Wachstum geben kann. Zurzeit ist es wichtig, das Erreichte zu erhalten und die Sicherheit, Stabilität und den Wohlstand abzusichern.
Gelingen kann das, wenn Europa zusammensteht und seine Kräfte bündelt. Gelingen kann das, wenn Österreich zusammensteht, wenn wir alle, auch wir in unserem schönen Ort Mörbisch zusammenstehen.
Jede Bombardierung ukrainischer Städte durch russische Raketen, jede Provokation durch Drohnen oder Cyberangriffe testet unseren europäischen Zusammenhalt. Wenn wir nicht klar zu verstehen geben, dass wir uns nicht auseinanderdividieren lassen und dass wir bereit sind, auch auf das eine oder andere zu verzichten, ist unsere Art zu leben in Gefahr.
Wenn die Weltlage sich verändert, dann muss sich auch Europa verändern. In der geopolitischen Zeitenwende, die wir erleben, muss Europa sich neu erfinden. Wir brauchen neue Zuversicht, neuen Mut und die feste Entschlossenheit, die Errungenschaften des europäischen Projekts auch für künftige Generationen zu erhalten.
Vielleicht vergleichbar mit der Kraftanstrengung der Europäerinnen und Europäer der ersten Stunde, die dieses Friedensprojekt gegründet haben.
Wenn wir untätig zuschauen oder nur beim Blick zurück verharren, droht das Feuer der europäischen Idee zu erlöschen. Wir Europäer haben oft genug gezeigt, dass wir Krisen meistern können, wenn wir geschlossen handeln. Wir können und werden auch die Herausforderungen unserer Zeit meistern, um dieses Feuer wieder auflodern zu lassen und es an die nächste Generation weiterreichen zu können.
Liebe Europäerinnen und Europäer! Lassen Sie uns alle gemeinsam am Wunder Europa weiterarbeiten. Zu unser aller Vorteil und für Frieden und Freiheit, für Sicherheit und Wohlstand auf unserem schönen Kontinent.
„Der Friede ist das Meisterstück der Vernunft.“ (Immanuel Kant, deutscher Philosoph, 1724 – 1804)
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen schönen Nationalfeiertag und bedanke mich bei allen teilnehmenden Vereinen und Institutionen, sowie der Gemeindeführung für die Teilnahme und bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gemeinde für die schöne Gestaltung dieser Veranstaltung.
Im Gedenken an die Opfer der Weltkriege legen wir nun unsere Kränze nieder.